So wichtig ist es, die Sinnesentwicklung des Kleinkindes zu verfolgen
Unsere Neugeborenen und Kleinstkinder lernen unheimlich viel, unheimlich schnell – das können wir alle sehen. Doch für viele von uns ist es zwar logisch, aber nicht immer ganz ersichtlich, dass jede Entwicklung aus egal welchem Entwicklungsbereich nicht nur eng mit den anderen verknüpft ist, sondern sie nicht selten sogar ausschlaggebend und Grundvoraussetzung für das Ermöglichen anderer sind. Die Entwicklungsbereiche erfolgen nämlich stets chronologisch und gleichzeitig querverweisend. Das bedeutet, dass sobald eine Stufe nicht erreicht wird, dieser Bereich erstmal auf Stillstand steht.
Etwas, das wir als Eltern selbstverständlich so gut wie es nur irgend geht vermeiden wollen. Aber wie genau unternehmen wir das?
Wie lernt ein Kind?
Die Bereiche, in denen sich ein Kind entwickelt, sind vielfältig, können aber grob in folgende objektive Sektionen aufgeteilt werden: Motorik, Sozialkompetenz, emotionale Kompetenz, Motivation, Sprache, Mathematik, Naturwissenschaften, Kreativität, Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden. Ein ganzer Haufen, also. Verständlich! Immerhin sind das Leben und die soziale Struktur, in die wir geboren werden, ebenfalls hoch komplex.
Je jünger das Kind, umso grundlegender und simpler sind dabei die Funktionen und die Bedingungen, die es ausgesetzt sein muss, um sich das notwendige Wissen anschaffen und die notwendigen äußeren Inputs aneignen zu können. Vor allem unsere unterschiedlichen Sinnesorgane sind dabei von fundamentaler Wichtigkeit. Ganz besonders das Hören, Sehen und Tasten (oder auch die Atmung!) sind dabei die drei bedeutsamsten.
Kinder lernen durch Beobachten und Nachahmen, durch Repetition und systematisches Ausprobieren. All diese Prozesse sind notwendig, um es in den oben genannten Entwicklungsbereichen vorantreiben zu können und seine Fähigkeiten mit den Monaten zu verfeinern. Das Ganze kann allerdings nur vonstattengehen, wenn unsere Sinnesorgane – unsere äußeren Kommunikatoren mit unserem Gehirn – zuverlässig funktionieren.
Aufmerksam die Aufmerksamkeit beobachten
Kinder können nicht wissen und nicht mitteilen, falls ihre Sinne nicht korrekt funktionieren. Wie auch? Schließlich besitzen ältere Kinder keinen Vergleich und Kleinstkinder haben zusätzlich schlichtweg keine Möglichkeiten der für uns verständlichen Kommunikation. Es ist also an uns Eltern zu erkennen, falls unsere Kinder Unterstützung brauchen. Ganz besonders Hören und Sehen sind dabei die kritischen beiden Faktoren – zwei Sinne, die mit am ausschlaggebendsten für nahezu alle Entwicklungsbereiche sind.
Barrierefreies Hören beispielsweise bildet die Grundlage für vor allem die Sprachentwicklung – aber auch die Sozialkompetenz ist dicht mit ihr verknüpft. Denn wenn die Kommunikation mit anderen nicht korrekt wahrgenommen werden kann, können auch die daraus resultierenden Reaktionen nicht korrekt abgespeichert und interpretiert werden. Entwickelt ihr Kind eine Sprechstörung, kann ein Gehörfehler ebenfalls einer der häufigsten Gründe sein. Häufige Symptome, die Kinder mit Hörbeeinträchtigung aufweisen, sind sehr lautes Sprechen und das offensichtliche Überhören und fehlende Reaktion im Flüsterton. Auch fokussieren sie häufig auf die Lippen des Sprechenden – statt der Augen –, eine Ausweichstrategie und erste Versuche des Lippenlesens. Da sie Schwierigkeiten im Verstehen anderer Kinder haben, sind sie ebenso häufiger im Alleinspiel zu finden als Gleichaltrige.
Gibt es Schwierigkeiten beim Sehen, können ganz ähnliche Symptome wie bei Erwachsenen auftreten – Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, häufiges Blinzeln und das Zusammenkneifen der Augen. Aber auch mangelndes Interesse an Aktivitäten wie Malen, Lesen, Lernspielen oder Bastelarbeiten können Indikatoren sein; bei älteren Schulkindern auch eine Leserechtschreibschwäche. Wer kein barrierefreies Sichtfeld hat, wird außerdem Schwierigkeiten in der Motorik bekommen – Balance halten, Ballsportarten oder generelle Geschicklichkeitsaufgaben könnten aufgrund mangelnder Hand-Augen-Koordination nicht korrekt ausgeführt werden.
U-Untersuchungen sind nicht immer vollständig
Wer Symptome wie die oben genannten bei seinem Kind beobachtet, der sollte schleunigst zum Kinderarzt, um seinem Kind schnellstmöglich Hilfe zu verschaffen und eine barrierefreie Weiterführung seiner komplexen Entwicklung zu ermöglichen. Auch, wenn die Kinderärzte in ihren U-Untersuchungen die Sinne grundsätzlich überprüfen, kennen Sie Ihr Kind am besten. Altersgerechte Kinderhörgeräte, Kinderbrillen – oder, im Schulalter, sogar Kontaktlinsen – werden im Normalfall ohne Komplikationen von den Krankenkassen übernommen. Sollte der Verdacht bestehen, dass eine Hör- oder Sehschwäche bereits seit einigen Monaten oder sogar Jahren besteht und ein deutliches Defizit in Entwicklungsbereichen zu finden sein, sprechen Sie zusätzlich mit Ihrem Arzt über mögliche Hilfen wie Sprach- und Physiotherapeuten.